Foto: Abrams

Jahreslosung 2021

Nachricht Osnabrück, 26. Januar 2021

„Seid barmherzig, wie auch
euer Vater barmherzig ist!“

Das ist die Jahreslosung für 2021.
Sie steht bei Lukas im 6. Kapitel,
Vers 36. Der Satz steht genau
zwischen der Feindesliebe und der
Aufforderung, andere nicht zu verur-
teilen, sondern zu vergeben und
großzügig zu sein: „Schenkt, dann
wird Gott auch euch beschenken: ein reichliches Maß wird euch in den
Schoß geschüttet – fest gedrückt, geschüttelt und voll bis an den Rand.“

Diese Art geschenkter Fülle drückt für mich auch das Bild aus, das Angelika Litzkendorf zur Jahreslosung gemalt hat. Lauter warme Farben, die mir Auge und Herz erfreuen. Hell und warm ist es hier. Wie offene Arme, in die ich mich fallen lassen darf. Eine Sommerlandschaft mitten im kalten Winter, wohl zu der halben Nacht. Geboren wird da auch etwas in diesem Bild: ein kleines grünes Herzchen wächst aus dem Mutterboden der Liebe in flammendem Rot, hervorbrechend aus der blau-grünen Erdkruste der Hoffnung. Die Hoffnung findet sich auch in dem schlanken Kreuz, das sich nach oben streckt und dem ein anderes Kreuz entgegenkommt in warmen Rot. Die beiden Kreuze erinnern mich an die Himmelsleiter, von der Jakob träumte, auf der die Engel hinunter und hinauf kamen und eine Verbindung herstellten zwischen Himmel und Erde. Aber auch Dornen kommen mir in den Sinn und das Lodern Gottes im Dornbusch, der Mose zu sich rief, auf dass er losginge, das Volk aus dem Elend der Sklaverei zu befreien.

Die Barmherzigkeit Gottes kommt für mich zuerst. Sie ist da, ohne, dass ich etwas dafür tun muss oder kann. Manchmal erscheint sie mir auch komplett
unverständlich, lässt sie doch die Sonne aufgehen über Gute und Böse, lässt Unkraut wachsen genauso wie Weizen, schenkt voll ein, dem Faulen wie dem Fleißigen. Ist das gerecht? Keine Ahnung! Aber ich lebe von dieser Barmherzigkeit. Die Grenzen ziehen wir. Bei uns gibt es Stacheldraht und Zäune und „Achtung, es wird scharf geschossen!“. Unbarmherzig wird gerichtet zwischen den angeblich Nützlichen und den vermeindlich Nutzlosen, dem „wir“ und den Fremden. Die lässt das immer noch weitgehend christliche Europa frieren und hungern in den Lagern in Bosnien und Griechenland und anderswo – auch Babys und Kinder - und verwehrt ihnen jede Chance auf ein neues Leben – zur Abschreckung. Damit andere, die nicht wissen wohin, auf jeden Fall nicht zu uns kommen, sondern lieber anderswo sterben, am Besten außer Sichtweite. So wird es bitter kalt in der Welt.

Aber Barmherzigkeit ist Wärme, ist Gelb und Rot und Grün und Blau.
Barmherzigkeit ist anfangs noch klein und will wachsen und braucht als Boden die Liebe, braucht von oben die Wärme der Barmherzigkeit Gottes. Verdienen kann sich das niemand – ich nicht, du nicht, „wir“ schon gar nicht. Es reicht eigentlich, ein Mensch zu sein. Und sich beschenken zu lassen. Und glücklich weiter zu verschenken, was eben gerade so da ist. Wein oder warme Decken, Lachen oder Suppe, Geld oder gute Worte. Und das Urteilen sein zu lassen. Vor allem aber das Ver-Urteilen: „Denn derselbe Maßstab, den ihr an andere anlegt, wird auch für euch gelten.“ sagt Lukas in Vers 38. Also: „Werdet barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.“ Lasst das grüne Herz größer und größer werden und breitet Gottes Barmherzigkeit aus, damit es warm werde unter uns. Und hell.

Ein gutes und reich gesegnetes neues Jahr wünscht
uns allen nah und fern

Ina von Häfen