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Alle Jahre wieder dasselbe?

Nachricht Osnabrück, 20. November 2020

Jedes Jahr feiern wir Weihnachten. Dass Weihnachten jedes Jahr gefühlt auch schneller kommt als gedacht, gehört irgendwie dazu. Aber trotz alledem findet das Fest seinen Platz in der Routine unseres Lebens. Zum Ablauf gehören oft feste Bestandteile: der Ablauf des Heiligen Abends, Verwandtenbesuche, der Gänsebraten, der Gottesdienstbesuch und einiges mehr. Es sind Rituale, die für manche auch langweilig sind, sodass sie froh sind, wenn der Festtrubel vorbei ist. Doch Rituale helfen, das Leben zu strukturieren. Wer will sich schon jedes Jahr etwas vollkommen anderes überlegen? Vielleicht macht uns Corona heuer einen Strich durch die Rechnung, weil das eine oder andere nicht wie gewohnt stattfinden kann. Das wäre wohl eine enttäuschende Weihnachts-überraschung.

Sicher, es ist die Geburt Jesu, um die es geht. Auch wenn die Bibel weder Geburtsjahr noch Geburtstag angibt, irgendwann wird Jesus wohl geboren sein. Nur worin liegt der Sinn der jährlichen Wiederholung? Alles hat seine Zeit. Die kirchlichen Feste haben im Kirchenjahr ihren festen Platz. Es vermittelt ein Verständnis dafür, dass bestimmte Zeiten mit bestimmten Gefühlen zusammenhängen. Sehnsüchte, Hoffnungen, Bräuche und Feste haben ihren Platz im Verlauf eines Jahres. Dies gibt unserem Leben einen Rhythmus, der festliegt. In unserer Lebensumwelt ist eigentlich alles stets verfügbar, doch es gibt nur eine bestimmte Zeit für Weihnachten.

Das Kirchenjahr gibt uns Fixpunkte im Strudel der Zeit. Durch die Festtermine werden wir eingeladen, uns auf einen Grundgedanken des christlichen Glaubens neu einzulassen. Die regelmäßigen Festtage und Festzeiten sind daher Erinnerungsformen des christlichen Glaubens, denn mit ihrer Wiederkehr werden Inhalte des Glaubens für uns lebendig. Die Wiederholung verleiht der Tradition Aktualität. Wir werden eingeladen, hinter unseren Ritualen, die zu unserem gewohnten Ablauf von Weihnachten gehören, der Besonderheit dieses Festes jedes Jahr aufs Neue nachzuspüren.

Paulus schreibt: Ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus: obwohl er reich war, wurde er doch arm um euretwillen, damit ihr durch seine Armut reich werdet (2.Kor 8,9). In Jesus Christus wird Gott Mensch, das ist die Armut Gottes. Das Kind in der Krippe hat keinen lauten, machtvollen Auftritt. Im ganz Alltäglichen ereignet sich die Menschwerdung Gottes. So kommt er uns nahe. Der Engel verkündet den Hirten: „Fürchtet euch nicht!“ Gott kennt die Befürchtungen und Ängste eines jeden von uns. Gott will sie uns nehmen, damit sie uns nicht den Blick verstellen und lähmen.

Um die Erinnerung an Gottes Wirken in unserem Herzen zu behalten, feiern wir jedes Jahr Weihnachten. Wir dürfen das Fest als einen günstigen Anknüpfungspunkt verstehen, mit dem Gott eine besondere Chance und Gelegenheit für jeden empfänglichen Menschen anbietet, Gott in seinem Leben zu entdecken.
Alle Jahre wieder.

Dietmar Otte

Verfasser

Dietmar Otte